Rosenhügel Chur

eingeladener Studienauftrag, 2018 zur Erschliessung des Rosenhügel Parks in Chur über den Hirschbühl

Ausstellung des Projekts: demnächst im Stadthaus, Chur




Das Projekt für die Erschliessung des Rosenhügels über den Hirschbühl sucht eine Selbstverständlichkeit in der Linienführung im Terrain. Das steile Gelände verlangt eine klare Haltung, wo der Treppenweg in den Hang eingeschnitten ist und wo der Weg als Volumen in Erscheinung tritt.

Die Wegführung charakterisiert sich dadurch, dass eine Vielzahl von Orte mit eigener Stimmung und unterschiedlichem Ausblick kreiert werden, dies ganz im Gegensatz zu einem einzigen Aussichtspunkt.

Der Weg verläuft mal parallel zum Hang und dann wieder senkrecht zum Hang. Es entsteht ein Rhythmus von kurzen und langen Treppenstücken, mit unterschiedlicher Steigung. Dies führt zu einer abwechslungsreichen Abfolge von Enge und Weite.

Modell von Detailausschnitt

Modell

Blick in Richtung Altstadt Chur

Der Treppenweg als Volumen
Der Weg zeichnet sich als Volumen ab. Es bildet sich eine kontinuierliche Abfolge von Treppen und Sockel, welche spürbar auf dem Gelände sitzen. Bergseitige Stützmauern werden so weit wie möglich vermieden. Dort wo das Gelände zu steil ist und ein Einschnitt nötig wird, werden die bergseitigen Stützmauern als Trockenmauern gebaut. Diese präzis gesetzten Trockenmauern sind als Volumen klar definiert und haben eine horizontal verlaufende Mauerkrone. Kurze Mauerstücke werden bewusst vermieden. Die Mauern sind genügend lang und verschwinden an ihren Enden im Terrain. Hangseitige Stützmauern aus Beton gibt es keine. Die bewachsenen Trockenmauern werden ein Teil des Geländes und sind wertvolle Lebensräume für verschiedenste Pflanzen und Tiere. Die Breite des Wegs beträgt 1,5 Meter. Damit ist ein bequemes Gehen nebeneinander und auch Kreuzen möglich.

Mauern und Sockel
Die talseitigen Mauern sind als Sockel ein Teil des volumetrischen Treppenwegs und deshalb wie die Treppe in Stahlbeton materialisiert. Folglich sind die Mauern, an welchen man nahe daran vorbeigeht in Naturstein und die Mauern, welche aus einer gewissen Distanz gesehen werden hingegen in Beton gebaut. Der Beton ist schwarz eingefärbt und erhält einen Kontrast zum grauen Naturstein. Der Beton wird kurz nach dem Betonieren leicht ausgewaschen, so dass eine rauhe, lebendige Oberfläche aus dem dunklen Zement und den grauen Zuschlägen entsteht. Das Schalungsbild verschwindet durch das Auswaschen und der Beton wird zum plastischen Körper in einem spannungsvollen Zusammenspiel mit der Landschaft.

Der Zugang vom Hohenbühlweg
Der Zugang vom Hohenbühlweg her erfolgt über einen neuen Abschnitt in der Natursteinmauer. Die Mauer aus Scalära-Stein, einem lokalen quarz- und kalkhaltigen Schiefer, ist ein wichtiges, ortstypisches Merkmal. Wenn irgendwie möglich, sollte hier für die neuen Eingriffe derselbe Stein verwendet werden können. Der Verlauf der Natursteinmauer macht neu eine leichte Bewegung in den Hang hinein und schafft damit Platz für eine Treppe in Naturstein. Der erste Treppenlauf entsteht aus dem Charakter der bestehenden Mauer. Die Steigung erfolgt bewusst in Gegenrichtung zum Gefälle des Hohenbühlwegs um schnell an Höhe zu gewinnen und für den zweiten Treppenlauf besser der Topografie angepasst zu sein. Die Mauer erhält eine horizontale Krone und bleibt auch am oberen Treppenende eine Mauer und wird nicht zur Brüstung degradiert.

Der Aufstieg
Der untere Abschnitt des Treppenwegs bewegt sich in kurzen Abschnitten auf der schmalen Parzelle. Die Bewegung des Wegs schafft kleine, abgegrenzte Grünflächen. Die Bepflanzung erfolgt mit niedrigen Sträuchern und Büschen. Der Blick über den Treppenweg bleibt frei. Es ist damit zu rechnen, dass die Nachbarparzellen mit einer höheren Bepflanzung an den Grundstücksgrenzen auf den neu geschaffenen, öffentlichen Raum reagieren. Dies würde auch mit dem gewählten Konzept gut funktionieren und einen grünen, introvertierten Raum schaffen, beidseitig von Bepflanzungen begrenzt, jedoch niemals eingeengt.

Der obere Abschnitt des Treppenwegs beschreibt zwei langgezogene Traversen parallel zum Hang mit geringer Stufenhöhe. Man bewegt sich über einen leichten Grat hinweg in Richtung Osten und der Weg reagiert auf die Topographie. Der Spaziergang wird zum Flanieren mit wunderbarer Aussicht über die Dächer der Altstadt. Der östlichste Punkt ist so gewählt, dass man visuell nicht zu nahe an die Nachbarhäuser kommt. Der Weg wird zur Aussichtsterrasse mit Blick auf Kathedrale, Martinsturm, bis zum Obertor und dem Felsberger Calanda.

Trockenmauern
Die hangseitigen Trockenmauern am Wegrand schaffen auf natürliche Weise einen Ort zum Hinsetzen und Verweilen. Der Wandfuss formt eine Sitzfläche mit einzelnen, geschliffenen Steinquader als Sitzfläche. Die Massivität der Ausführung braucht keinen Unterhalt und ist ganzjährig benutzbar. Wo man sich hinsetzt ist abhängig von Jahreszeit und Tageszeit. Man setzt sich an den Wegrand, auf eine Mauer, ganz im Sinne von der Selbstverständlichkeit des Konzepts.

Anschluss an die Ebene Hirschbühl
Der Anschluss an das Wegenetz der Ebene Hirschbühl gestaltet sich mit einer Abfolge von zwei kurzen Treppenläufen in gleicher Richtung. Der Treppenweg beginnt und endet damit mit demselben Prinzip von kurzen, rhythmisierten Treppenstücken.

Bepflanzungen
Der Charakter der Bepflanzungen entlang des Treppenwegs soll sich bewusst von einer klassischen Parkanlage unterscheiden und ist kein Ziergarten, sondern darf eine wilde Oase werden. Die präzise Volumetrie der Treppe ergänzt sich mit einer natürlichen Bepflanzung. Der Unterhalt kann damit reduziert werden, ohne an Qualität zu verlieren. Einheimische Sträucher und Büsche, Magerwiesen, anspruchslose Pflanzen für die Trockenmauern, Beerenpflanzen und wilde Rosen können ein stimmungsvolles Bild geben. Die bestehenden Hecken werden durch den Trepppenweg nur minimal tangiert und können problemlos auf dem Projektperimeter ersetzt werden.

Der Zugang vom Lindenquai
Die Zugangssituation vom Lindenquai her erfolgt zwischen zwei Häuser hindurch und ist zurzeit relativ versteckt und wenig attraktiv. Mit einem kleineren baulichen Eingriff kann aus der Hinterhof-Situation ein Garten zwischen zwei Häusern entstehen. Der aufgeschlossene Fels ist hierfür bereits ein schönes Element und die instandgesetzte Treppe davor nimmt die Idee der rhythmischen Treppenläufe bereits vorweg. Ein neues Geländer, das identisch zum Geländer des weiteren Weges ausgeführt wird, schafft einen visuellen Zusammenhang. Mit einigen präzise gesetzten Bepflanzungen kann der Grünraum vom Hirschbühl bis an den Lindenquai weitergedacht werden. Die Zementplatten sind womöglich zu ersetzen mit einem Kopfsteinpflaster. Der Belagswechsel zeichnet den Weg ab und führt die Spaziergänger zwischen den Häusern hindurch, ist aber bewusst anders gestaltet als der Treppenweg zum Hirschbühl.

Geländer und Beleuchtung
Wo das Terrain zu steil ist, der Weg auf einem höheren Sockel führt und beim Einstieg Hohenbühlweg, ist ein Geländer als Absturzsicherung notwendig. Es ist zweckmässig, dem gesamten Weg entlang, mindestens einen schlichten, einseitigen Handlauf vorzusehen. Das Geländer ist aus Flachstahl und Rundstahl gefertigt, verzinkt und in dunkelbrauner Farbe.

Die Beleuchtung des Weges ist mit punktuellen LED-Strahler geplant, welche möglichst unsichtbar ausserhalb der Treppe platziert sind und bei Dunkelheit die Treppen blendfrei und ohne viel Streulicht beleuchten. Bei Nacht zeichnet sich das Treppenvolumen als Lichtband ab.

Konstruktion und Materialisierung
Die Konstruktion des Treppenwegs als durchgehende, monolithische Stahlbetonstruktur bringt strukturelle Vorteile in der Ausführung. Die Treppe kann als Platte von Auflager zu Auflager tragen und bleibt unbeeinflusst vor lokalen Setzungen. Im steilen Gelände können dafür Einzelfundamente und kurze Streifenfundamente vorgesehen werden, wenn keine flächige Lagerung notwendig ist. Bei gleicher Wegbreite ist die talseitige Sockelwand aus Stahlbeton in steilem Gelände viel einfacher auszuführen als eine bergseitige Stützmauer, da der Aushub geringer ist. Der Aushub für die Fundamente kann für die bergseitige Hinterfüllung verwendet werden. Der Zugang für die Baustelle kann neben dem Hohenbühlweg auch über die Ebene Hirschbühl erfolgen, um beispielsweise einen Schreitbagger am Hang einsetzen zu können. Das Betonieren ist mit Pumpbeton von der Höhe Lindenquai aus möglich. Eine partielle Vorfabrikation der Treppenläufe und der Montage mit Pneukran könnte die Bauzeit verkürzen.

Die präzise Wahl der robusten Materialien mit einfachen, zeitlosen Details steht im Einklang mit dem architektonischen Ausdruck und der geplanten Nutzung. Die durchgängige Materialisierung des Treppenwegs in Stahlbeton führt zu geringen Unterhaltskosten und ist langlebig. Die Trockenmauern sind eine optimale Grundlage für eine grosse Biodiversität und lassen sich gut an das steile Terrain anpassen.